Wie künstliche Intelligenz die Kommunikation verändert – Das sagen Experten
Ob Sprachassistenten und Chatbots, automatisierte Texterstellung oder KI gestützte Analysen. Künstliche Intelligenz wird die Kommunikationspraxis in den kommenden Jahren maßgeblich verändern.
Laut der BdP-Studie „Kommunikationsmanagement 2018 – Vermessung eines Berufsstandes“ setzen aktuell lediglich rund 10% der Kommunikationsverantwortlichen Künstliche Intelligenz im Berufskontext ein, beispielsweise als Instrument der PR-Evaluation. Verschlafen deutsche Kommunikatoren, gerade im internationalen Vergleich, damit die Zukunft?
Vor diesem Hintergrund wird es in der Berufspraxis vor allem um die Frage gehen, wie man die Vorteile von KI als Chance für das Kommunikationsmanagement nutzen kann, ohne mögliche Auswirkungen für die Kommunikation zu unterschätzen.
Im Vorfeld des BdP-Forums am 4. April in Berlin, haben wir Kommunikationsexperten befragt, wie künstliche Intelligenz die Kommunikation verändern wird und wie KI sinnvoll eingesetzt werden kann:
Künstliche Intelligenz befindet sich für unsere Branche noch in einem frühen Stadium. Ich nutze jedoch schon seit einigen Jahren KI über unsere Monitoring- Software. Das Tool wird durch KI trainiert und die Ergebnisse werden somit bei jeder Nutzung besser. Neben der Auflistung der täglichen Berichterstattung aus allen Mediengattungen kann es auch die zugrundeliegende Tonalität bestimmen. Mit dieser Technologie kann ich nicht nur rückwirkend den Erfolg meiner PR-Maßnahmen reflektieren, sondern mich auch auf gewisse Situationen vorbereiten. Als wirkliche Innovation wünsche ich mir eine KI-Anwendung, die mir Influencer und Journalisten weltweit vorschlägt, die sich aktuell mit meinen Themen beschäftigen oder kürzlich dazu geschrieben haben, gekoppelt mit der vom Journalisten bevorzugten Art der Kontaktaufnahme und dem richtigen Zeitpunkt.“
Ina Froehner, Head of Communications, Finleap
Eine Herausforderung – und gleichzeitig eine große Chance – von KI ist die Auseinandersetzung mit ‚Unconscious Bias‘. Indem wir uns damit beschäftigen, wie wir KI, zum Beispiel mit diversen Teams von Entwicklern, so gestalten, dass Entscheidungen nicht aufgrund unbewusster Stereotypen getroffen werden, spiegeln wir diese Auseinandersetzung auf unser Interaktionsverhalten. Wir hinterfragen Entscheidungen, sind sensibler für (fehlende) Diversität und überlegen bewusst, was menschliche Kommunikation ausmacht.“
Pina Meisel, Communications Manager Artificial Intelligence & Mixed Reality, Microsoft Deutschland
Die spannendsten Jahre der Unternehmenskommunikation liegen noch vor uns. KI ist einer der wichtigsten Treiber der Digitalisierung. Auch in der Unternehmenskommunikation können viele Prozesse durch KI automatisiert werden: Machine-Learning-Algorithmen durchsuchen etwa den Nachrichtenfluss nach den heißesten Themen und Influencern und Dialogroboter führen automatisierte Dialoge im Bot-Ökosystem. Halb so wild: Das persönliche Gespräche mit Journalisten werden sie kaum ersetzen.
Ich halte KI für eine spannende Chance. Unser Aufgabenfeld wird durch sie noch vielfältiger, als es bisher schon war. Die Herausforderungen sind durch klassische Opinion-Leader-PR längst nicht mehr zu beherrschen. Die Unternehmenskommunikation muss sich auf zunehmende Eins-zu-eins-Kommunikation vorbereiten – und das geht nur mit Hilfe von Automatisierung. Befürchten müssen das nur die, die die Entwicklung verschlafen. Wahr ist aber: Die strategischen Weichen in den UK-Abteilungen werden jetzt gestellt.“
Armin Sieber, Geschäftsführer Sieber Senior Advisors und Buchautor („Dialogroboter“)
Wenn Maschinen uns verstehen, fühlen wir uns weniger einsam. Davon werden Jung und Alt profitieren. Gleichzeitig vertrauen wir blindlings auf Informationen, die die KI uns gibt. Verlernen wir so zunehmend kritisches Hinterfragen? Und wenn Maschinen jede Äußerung tracken, trauen wir uns in einer Welt ohne Anonymität noch freie Meinungsäußerung? Darüber brauchen wir generationsübergreifende Debatten.“
Janine Langlotz, Head of Digital Communications Strategies, Bayer AG
Künstliche Intelligenz macht uns das Leben leichter – schon heute hilft sie uns im Alltag, der Informationsflut Herr zu werden, das Smartphone zu bedienen oder – ganz konkret – dem Pressespiegel eine sinnvolle Reihenfolge zu geben. Bald wird aus „Welche Serie empfiehlt Netflix als nächstes?“ ein „Welchen Leitartikel sehe ich?“. Apple News macht es in den USA vor, die klassischen Nachrichtenwerte scheinen beinahe obsolet. In den nächsten Jahren werden lernende Algorithmen immer mehr die Arbeit von Kommunikatoren und die Rezeption von Medien verändern. Die Frage ist, wie können wir diese Veränderung als eine Chance für das Kommunikationsmanagement nutzen? Ich freue mich auf eine Diskussion. #KommunikationVerantworten“
Magnus Hüttenberend, Leiter Corporate & Colleague Communications, Public Affairs und Nachhaltigkeit, TUI Nordic