Geflüchtete Menschen in Deutschland – Chancen und Risiken für Träger und deren Pressesprecher
Foto: Für Journalisten und Pressesprecher ist klar, das Thema geflüchtete Menschen in Deutschland stellt alle vor neue Herausforderungen.
Der Zustrom geflüchteter Menschen nach Deutschland ist auch für Kommunikationsverantwortliche in Organisationen, Behörden und Politik eine neue Herausforderung. Einige sehen in der gegenwärtigen Situation gute Chancen für einen Zugewinn an Reputation. Anderen wird ihre Kommunikationsarbeit durch komplizierte behördliche Abstimmungsverfahren oder politische Befindlichkeiten erschwert.Wie es einigen Pressesprecherinnen und Pressesprechern im Umgang mit der aktuellen Thematik geht und wie sich ihre Kommunikationsarbeit gestaltet, kam am 19. Februar 2016 beim „Expertenforum der Fachgruppe Soziales im BdP“ zur Sprache. 25 Kolleginnen und Kollegen unterschiedlicher Organisationen und Behörden trafen sich in Berlin zum Thema: „“Refugees welcome – Neue Kommunikationsaufgaben für Pressesprecher im Sozialwesen“. Unter ihnen Silvia Kostner aus der Pressestelle im Landesamt für Gesundheit und Soziales Berlin, Ute Burbach-Tasso, Pressesprecherin Diakonie Deutschland und Christian Böhme, Pressesprecher Der Paritätische Wohlfahrtsverband Hamburg e.V.
Silvia Kostner berichtete über ihre Erfahrungen im letzten Jahr und bedauerte, dass sie kaum noch zu aktiver Pressearbeit kommt. Die Fülle von nationalen und internationalen Presseanfragen sei allein kaum zu bewältigen. Ute Burbach-Tasso erzählte vom Umgang mit einem bisher nie dagewesenen „Shitstorm“ aus der rechten Szene auf ein Willkommensvideo des Diakonie-Präsidenten Ulrich Lilie. In der Pressestelle hatte man damit nicht gerechnet. Über 90 Prozent der Beiträge seien negativ und teilweise menschenverachtend gewesen. Mit einer Präsentation veranschaulichten Katja Gwosdz und Christian Böhme von den Paritätern den Teilnehmern ihre Erfahrungen im Umgang mit Medienvertretern und freiwilligen Helfern in Hamburg, im Sommer 2015. Unter anderem wurde berichtet, dass Journalisten auf der Suche nach dem besten Bild vermehrt Persönlichkeitsrechte von geflüchteten Menschen verletzten sowie die Wahrnehmung, von Medienvertretern zunehmend instrumentalisiert zu werden.
Wie Journalisten mit den aktuellen Ereignissen umgehen schilderten Corinna Buschow (Hauptstadtredaktion des epd) und Dag-Udo Lippe (Sat1). Natürlich müssten Journalisten polarisieren und Themen auf den Punkt bringen. Dabei spielten für sie die mediale Erreichbarkeit der Zielgruppen sowie die Frage eine Rolle: „Was bewegt die Menschen?“. Das „gemutmaßte Interesse der Öffentlichkeit“ sei ein wichtiger Faktor im Journalismus. Dabei gehe es auch um Sensation, Irritation und Emotion. Die Herausforderung sei, den journalistische Anspruch, den gemeinsamen Kodex und die Erwartungen der Redaktionen in Einklang zu bringen. Abschließend diskutierten die Teilnehmer die Sorge, dass andere wichtige Themen aus dem Tagesgeschäft kaum noch Beachtung finden. Sie wünschten sich, dass der kollegiale Austausch zu diesem Thema im Laufe des Jahres fortgeführt wird.
Text: Martin Jeutner, Leiter der Fachgruppe Soziales