BdKom Berufsfeldstudie 2024 – Kommunikationsprofis im KI-Dilemma: Für Wunschrolle als kritische Berater fehlt es an Praxis

Kommunikationsprofis im KI-Dilemma: Für Wunschrolle als kritische Berater fehlt es an Praxis

  • Die größten Herausforderungen: Intensivierung der Kommunikation, KI und Populismus
  • Aufkommender Fachkräftemangel macht Kommunikationsprofis zu schaffen
  • Wer wo am meisten verdient. Und wo Budgets am stärksten gestiegen sind
  • Welche Branchen am meisten Home-Office erlauben. Und wo noch Büropflicht herrscht
  • Gender: Mehrheit auf Führungsebene inzwischen weiblich. Pay Gap schließt sich schneller als Bundesschnitt

Berlin, 7. November 2024: Deutschlands Kommunikator*innen sehen neben Chancen auch viele Risiken durch die Nutzung Künstlicher Intelligenz in der Kommunikation. 54% wollen diese nicht nur professionell einsetzen, sondern auch interne Zielgruppen zu KI beraten. Allerdings nutzt mehr als die Hälfte KI noch nicht aktiv, ein Drittel experimentiert damit. Und lediglich 30% sehen die Comms-Einheiten für die Transformation durch KI gut gerüstet. Auch der Fachkräftemangel macht der Profession zu schaffen, ebenso wie weiter sinkende Budgets. Das sind Ergebnisse der aktuellen Ausgabe der Studie „Profession Kommunikation“ von BdKom und Quadriga Hochschule Berlin.

Die drei größten Herausforderungen: Intensivierung, KI und Populismus

Zu viele Kanäle, zu viele Stakeholder: Die Kommunikationsbranche leidet am Kommunikations-Overkill. Hinzu kommt der immer stärker werdende Populismus, der Kommunikation für viele zum Pulverfass macht. Hass, Zorn und die Angst vorm Shitstorm machen Kommunikationsprofis zu schaffen. KI wird hier – noch – nicht als Lösung gesehen, sondern deren Einführung als zusätzliche Herausforderung eingeschätzt.

KI: Zwei Drittel fürchten Glaubwürdigkeitsverlust für Kommunikation durch KI

Die Hälfte der Befragten meint, dass KI-basierte Datenanalysen dabei unterstützen können, richtige Entscheidungen zu treffen. 62% sehen in ihnen die Chance, Probleme schneller oder besser zu lösen. Als Risiken sehen 44% die mögliche Verletzung von Datenschutzbestimmungen, mehr als zwei Drittel fürchten, dass der KI-Einsatz zu Glaubwürdigkeitsverlust führen kann. „Kommunikationsverantwortliche wollen in ihren Organisationen beim KI-Einsatz vorangehen und sogar intern dazu beraten. Doch dafür fehlt es an AI-Readiness. Es braucht daher jetzt Qualifizierung und Mut zum Ausprobieren, denn Expertise von außen zuzukaufen, das gibt der Arbeitsmarkt nicht her,“ sagt BdKom-Präsidentin Regine Kreitz.

Fachkräftemangel: Jede zweite Kommunikationseinheit hat Besetzungsprobleme

Die Studienergebnisse zeigen: Der Fachkräftemangel ist auch in der Kommunikationsbranche angekommen. 71% der Befragten sind der Überzeugung, dass es in den letzten fünf Jahren immer schwieriger geworden ist, offene Stellen zu besetzen. Heute verzeichnet etwa jede zweite Kommunikationseinheit Probleme bei der Besetzung freier Stellen mit qualifiziertem Personal. Das gilt vor allem für Kräfte mit mehrjähriger Berufserfahrung.

Ranking: Hier suchen sie händeringend nach Fachkräften

Kommunikationsabteilungen in der Konsumgüterindustrie und der Medienbranche leiden derzeit am stärksten unter dem Fachkräftemangel. Hier werden gut ausgebildete Kommunikatoren händeringend gesucht. Ein wenig entspannter sieht es in den Sektoren Touristik, Gastronomie, Nahrungs- und Genussmittel sowie Energie und Versorgung aus. Allerdings geben auch hier die Teilnehmenden eine Verschlechterung der Situation binnen drei Jahren um 45-64 Prozent an.
Regional leiden Kommunikationsabteilungen vor allem in Hessen, Sachsen und Nordrhein-Westfalen. Am wenigsten Verschlechterung dabei, den Fachkräftebedarf zu decken, sehen Kommunikationsverantwortliche in Hamburg und Schleswig-Holstein.


„Inflation fressen Gehaltserhöhung auf“: Was Kommunikationsverantwortliche im Schnitt verdienen

Laut Studie sind die Gehälter in der Kommunikationsbranche in den letzten drei Jahren im Schnitt um 8% gestiegen. Zeitgleich stieg die Inflationsrate jedoch mit 16% um das Doppelte. Gut abfedern konnten diese Entwicklung Kommunikationsschaffende in öffentlichen und staatlichen Institutionen. Deren Gehalt stieg im Vergleichszeitraum um 13%. In Großunternehmen stiegen die Gehälter nur um rund 1%. Im Schnitt verdienen in Unternehmen, Verbänden oder Behörden angestellte Kommunikatoren heute rund 78.000 Euro brutto im Jahr.

Ranking: Wo Kommunikationsführungskräfte am meisten verdienen – und wo am wenigsten
Die Einkommen von Kommunikationschefinnen und -chefs in Großunternehmen liegen bei 150.000 Euro. Sie verdienen damit fast doppelt so viel wie ihre Pendants in öffentlichen oder staatlichen Einrichtungen. Diese liegen bei einem Jahresgehalt von durchschnittlich 80.000 Euro. Spitzenreiter im Branchenvergleich ist die Nahrungs- und Genussmittelbranche. 198.000 Euro brutto nehmen die Führungskräfte hier im Schnitt mit nach Hause. Auf Platz zwei mit einigem Abstand: die Chemiebranche mit 124.000 Euro, dicht gefolgt von Energie und Versorgung mit 123.000 Euro.
Die bestbezahlten Chefinnen und Chefs arbeiten in Rheinland-Pfalz (durchschnittlich 96.000 Euro brutto im Jahr), dicht gefolgt von Hessen (95.000 Euro) und Bayern (93.000 Euro). Deutlich geringer fallen die Gehälter in vielen ostdeutschen Bundesländern aus. Die Schlusslichter im Länder-Gehaltsvergleich bilden unter anderem Brandenburg mit 69.000 Euro und Sachsen mit 66.000 Euro.

Budgetkürzungen: Großunternehmen leiden. Öffentliche Stellen profitieren

In den letzten drei Jahren musste praktisch jede fünfte Kommunikationsabteilung Budgetkürzungen hinnehmen (19%). Betrachtet man allein die Großunternehmen, ist sogar mehr als ein Drittel betroffen (38%). Während viele Wirtschaftsunternehmen mit weniger Ressourcen intensiver kommunizieren (müssen), können Kommunikationsabteilungen von staatlichen und öffentlichen Einrichtungen (86%) und Vereinen, Verbänden und anderen vergleichbaren Organisationen (91%) aus einem stabilen oder nicht selten sogar besser gefüllten Topf schöpfen.

New Work auf dem Vormarsch. Großunternehmen als Vorreiter

Home-Office ist mittlerweile auch in der Kommunikation in vielen Branchen zum festen Bestandteil der Arbeitskultur geworden. Dabei sind Großunternehmen klare Vorreiter. Hier haben Kommunikator*innen die größten Freiheiten. In Institutionen gehören zwar Home-Office (96%) und flexible Arbeitszeiten (65%) zur Norm, Sabbaticals (30%) und Workation (18%) bilden aber noch die Ausnahmen. 35% wünschen sich mehr Home-Office. Dieser Wunsch ist bei der jungen PR-Generation mit 47% noch stärker ausgeprägt.

Ranking: Wo Kommunikatoren am meisten Home-Office machen
Am meisten Home-Office gibt’s in der Nahrungs- und Genussmittelindustrie. Aber auch Kommunikationsprofis in IT, Telekommunikation-, Energie- und Versorgungsunternehmen profitieren im Schnitt von großzügigen Regelungen. Am wenigsten Home-Office können Kommunikatoren im Maschinenbau, im Baugewerbe und in der Immobilienbranche machen.
Home-Office-Königin im Ländervergleich ist nicht etwa Berlin, sondern Hamburg, dicht gefolgt von Bayern und Nordrhein-Westfalen. Home-Office-Muffel scheinen Unternehmen vielfach in Sachsen und Thüringen zu sein.

Gender Pay Gap wird kleiner

Der Gender Pay Gap ist auch in der Kommunikationsbranche weiterhin präsent. Dennoch zeigt sich, dass sich die Gehälter zwischen Kommunikatoren und Kommunikatorinnen angleichen. Zwar spielt das Geschlecht beim Einkommen weiterhin eine Rolle. Die Größe der eigenen Organisation, die Jobposition und die Berufserfahrung beeinflussen aber ebenfalls das Gehalt. Unter Einbeziehung dieser Faktoren fällt die geschlechtsspezifische Gehaltsdifferenz mit 9.000 Euro brutto im Jahr kleiner aus als noch im Jahr 2021 (13.000 Euro). Damit ist der Gender Pay Gap heute deutlich kleiner als im Bundesdurchschnitt.

Nachdem der Frauenanteil im Berufsfeld seit 2005 beständig gewachsen ist, verharrt er im Zeitraum 2021 bis 2024 erstmalig stabil bei etwas über 60%. Auch auf Leitungspositionen ist die Mehrheit inzwischen weiblich. Was die Diversität angeht, so beschäftigt heute hinsichtlich Ethnie und Nationalität die Hälfte der Kommunikationsteams Menschen mit internationalem oder Migrationshintergrund. 16% der Einheiten beschäftigen Menschen mit körperlichen, 11% solche mit psychischen Einschränkungen.

Hier geht es zur Pressemitteilung und hier zur Studie.

Pressekontakt:
Moritz Dornbusch
BdKom (Bundesverband der Kommunikatoren e.V.)
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